Mitglieder des Feuerwehr- und Dorfvereins Krippendorf um Karsten Seifert (vorn) vor der Bockwindmühle auf dem historischen Schlachtfeld bei Jena.
Krippendorfer Feuerwehr- und Dorfverein mit Jenaer Vereinspreis von Züblin AG und Ostthüringer Zeitung geehrt.
Ohne Zögern- schneller als jede Zeitung darüber berichten konnte, war Alfred Kirsten, Chef des Thüringer Landesverein für Mühlenerhaltung und Mühlenkunde (TVM) e. V. vor Ort, stand dem Müller-Ehepaar Erika und Werner Westermann beruhigend und tröstend zur Seite und arrangierte sofort die Sichtung der Teile durch Fa. Bode, um alles für den Wiederaufbau in die Wege zu leiten. Seitdem gehört er quasi zu den Einwohnern von Krippendorf, denn beinahe täglich ist er vor Ort, um den Wiederaufbau zu begleiten. So war es möglich, dass die Mühle nun wieder voll funktionstüchtig über das Gönnatal erhebt.
Die Kindergartenerzieherin ist Vorsitzende des Krippendorfer Feuerwehr- und Dorfvereins, der im Dezember 2010 mit dem Jenaer Vereinspreis geehrt wurde, ausgelobt von der Niederlassung Jena-Gera des Baukonzerns Züblin AG und der Ostthüringer Zeitung. Zum elften Mal vergeben, ging die Auszeichnung für vorbildliche ehrenamtliche Arbeit in diesem Jahr zudem an die Jenaer Tafel, den Förderverein der Kastanienschule und den Verein Waldkinder Jena.
Die Vorsitzende des Feuerwehr- und Dofvereins Krippendorf, Gudrun Knabe, blättert in der Vereinschronik. Im Feuerwehrhaus des Ortes.
Die Krippendorfer erfuhren von ihrem Glück aus der Ostthüringer Zeitung. "Mein Kollege hatte den Beitrag im Lokalteil entdeckt, noch bevor ich ihn lesen konnte", erinnert sich Bibliothekarin Brundhild Brösicke. "Ich habe sofort eine Rundmail losgeschickt und meine Vereinskollegen informiert. Die Freude war natürlich groß."
Geehrt wurde der 1990 gegründete und derzeit 40 Mitglieder zählende Verein vor allem für den Wiederaufbau der im Januar 2007 durch den Orkan "Kyrill" zerstörten Bockwindmühle.
Das Technische Denkmal, zwischen 1738 und 1742 errichtet, hat Mühlengeschichte geschrieben und Weltgeschichte erlebt. Als hier am 14. Oktober 1806 das Gefecht zwischen den Napoleonischen Truppen und dem Herzog von Braunschweig und dessen Verbündeten tobte, war die Mühle ein wichtiger Orientierungspunkt. 1860 bei einem Brand fast gänzlich zerstört, wurde sie rund 50 Meter entfernt wieder aufgebaut und wechselte mehrfach die Besitzer.
Der letzte Müller Hugo Rose ist manchem Krippendorfer noch in guter Erinnerung. Dann ging die Bockwindmühle "in den Ruhestand" und wurde erst durch die unermüdliche Arbeit von Werner Westermann funktionstüchtig instand gesetzt. Zur 800-Jahrfeier von Krippendorf war das Mühlenbauwerk wieder komplett und lockte Besucher auf das historische Schlachtfeld. Was der Armee unter Napoleon nicht gelang und auch der Brand 1860 nicht gänzlich vermochte, schaffte Orkan "Kyrill" in einer Nacht. Vom geschichtsträchtigen Bauwerk blieb nur ein Trümmerhaufen übrig, nicht nur die Krippendorfer waren entsetzt.
Die Stadt Jena, zu der Krippendorf seit 1994 gehört, übernahm Verantwortung, kaufte Grundstück und Trümmerteile und stellte für den Wiederaufbau etwa die Hälfte der Bausumme von insgesamt 251 000 Euro zur Verfügung. "Das ist nahezu einmalig in Deutschland, denn normalerweise engagieren sich ausschließlich Vereine für die Mühlenerhaltung", würdigt Peter Lammert vom Vereinsvorstand das Engagement der Stadt.
Am 31. August 2009 erfolgte der ersten Spatenstich am Mühlenstandort durch die Firma Holzbau Bode aus dem Eichsfeld, am 1. September rollten die ersten Bagger an. Wie engagiert der Krippendorfer Verein, unterstützt von der Arbeitsgemeinschaft "Jena 1806", dem Verein "Lebensraum Gönnertal" sowie vom Thüringer Landesverein für Mühlenerhaltung und Mühlenkunde (TVM) um Alfred Kirsten beim Wiederaufbau mitwirkte, wurde zum traditionellen Mühlentag Pfingstmontag im vergangenen Jahr deutlich. Krippendorf hat exakt 111 Einwohner. Am 24. Mai 2010 aber rollte eine Blechlawine in den beschaulichen Ort, fast 3000 Besucher aus Thüringen und darüber hinaus feierten mit den Krippendorfern Richtfest auf dem alten Schlachtfeld. Gegenwärtig herrscht hier zwar noch Winterruhe, doch Bürger und Verein haben schon jetzt den Mühlentag 2011 am 13. Juni im Blick. Bis dahin sollen nicht nur die Restarbeiten im Inneren der Mühle abgeschlossen sein, vor allem wollen die Vereinsmitglieder dann den Besuchern vorführen, dass ihr Wahrzeichen tatsächlich wieder funktionstüchtig ist. Dazu setzen sie sich noch einmal auf die Schulbank und werden Müller im Nebenberuf. Ganz korrekt ist das natürlich nicht, denn keiner wird hier Korn zu Mehl mahlen oder den Beruf wechseln. "Aber wissen, wie es funktionieren könnte, das haben wir uns vorgenommen", blickt Karsten Seifert, Leiter der AG Bockwindmühle, voraus.
Künftig will der Verein auch die alte Mühlentechnik vorführen und zu Veranstaltungen in die Mühle einladen. Bereits im November 2010 gab es deshalb das erste Mühlenseminar. Unter Leitung von Freizeitmüller Stefan Lander aus Halle und Alfred Kirsten aus Erfurt vom TVM ging es zunächst theoretisch um Sicherungs- und Wartungsarbeiten an der Mühle. "Im praktischen Teil haben wir dann ausprobiert, wie die Mühle mittels Steert, einem langen Balken, richtig im Wind steht", erklärt Jörg Koch. Der Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr in Krippendorf ist Gründungsmitglied des Vereins, ebenso Ortsteilbürgermeister Armin Westermann. Die Männer machen darauf aufmerksam, dass die Bockwindmühle zwar ein wichtiger Teil der Vereinsarbeit ist, längst aber nicht alles. "Gegründet haben wir uns als Feuerwehrverein", erinnert Westermann. "Doch in einem Ort mit 111 Einwohnern bringt es nichts, zehn oder mehr Vereine zu haben", die alle ihr eigenes Süppchen kochen. Als Feuerwehr- und Dorfverein tragen sie nun gemeinsam Sorge dafür, dass ein "Bolzplatz" für die Jugend entstanden ist, dass Traditionen und Brauchtum gepflegt werden. Armin Westermann nennt das Maibaumsetzen und die Kirmes, das Feuerwehr- und Teichfest Anfang September, den Mühlentag Pfingstmontag und auch die Rentnerweihnachtsfeiern im Dezember. Klingt nach viel Spaß, will aber gut vorbereitet sein. Gudrun Knabe, die als Vereinsvorsitzende die Chronik führt, kann ein Lied davon singen. Und sie weiß, dass solche Festlichkeiten der Dorfgemeinschaft gut tun und dafür sorgen, dass man auch in schwierigen Zeiten zusammensteht. Wie am vergangenen Wochenende. Wofür genau die Krippendorfer ihr Preisgeld von 1500 Euro ausgeben werden, darüber wollen sie noch beraten. Mit ziemlicher Sicherheit aber wird es für die Bockwindmühle verwendet. Pfingstmontag 2011 soll sie mit dem traditionellen Biwak der AG 1806, Ausstellungen zum Baugeschehen und Schauvorführungen wieder voll funktionstüchtig eingeweiht werden und Besucher auf das alte Schlachtfeld bei Jena locken.
Quelle: Sabine Wagner / 16.01.11 / OTZ