Müller im Nebenberuf
Mitglieder des Feuerwehr- und Dorfvereins Krippendorf um Karsten Seifert (vorn) vor der Bockwindmühle auf dem historischen Schlachtfeld bei Jena.
Krippendorfer Feuerwehr- und Dorfverein mit Jenaer Vereinspreis von Züblin AG und Ostthüringer Zeitung geehrt.
Was einen Verein ausmacht, in guten wie in schlechten Tagen, zeigt sich in Ausnahmesituationen. Am vergangenen Wochenende gab es eine solche Situation in Krippendorf bei Jena.
Die Krippendorfer Bockwindmühle im Abendlicht.
Von den umliegenden Feldern floss das Schmelzwasser in breiten Bächen in den Ortskern und überflutete die Kanalisation. Zum Teil knietief stand das Wasser in den Straßen und Gassen und drohte, in die Gehöfte und Keller einzudringen. Die Bürger, darunter die Mitglieder des Feuerwehr- und Dorfvereins Krippendorf e. V., kämpften am Samstag gegen die Wassermassen und am Tag darauf mit dem Schlamm, der die Zufahrten versperrte. "Selbst die Einwohner, die nicht betroffen waren, halfen mit, bis wir die Situation Sonntagmittag endlich im Griff hatten. Bei uns ist jeder für den anderen da", beschreibt Gudrun Knabe den Zusammenhalt im Ort.
Am vergangenen Wochende überflutete das Schmelzwasser der umliegenden Felder den Ortskern von Krippendorf, Bürger und Verein arbeiten Hand in Hand.
Die Kindergartenerzieherin ist Vorsitzende des Krippendorfer Feuerwehr- und Dorfvereins, der im Dezember 2010 mit dem Jenaer Vereinspreis geehrt wurde, ausgelobt von der Niederlassung Jena-Gera des Baukonzerns Züblin AG und der Ostthüringer Zeitung. Zum elften Mal vergeben, ging die Auszeichnung für vorbildliche ehrenamtliche Arbeit in diesem Jahr zudem an die Jenaer Tafel, den Förderverein der Kastanienschule und den Verein Waldkinder Jena.
Die Vorsitzende des Feuerwehr- und Dofvereins Krippendorf, Gudrun Knabe, blättert in der Vereinschronik. Im Feuerwehrhaus des Ortes.
{xtypo_dropcap}D{/xtypo_dropcap}ie Krippendorfer erfuhren von ihrem Glück aus der Ostthüringer Zeitung. "Mein Kollege hatte den Beitrag im Lokalteil entdeckt, noch bevor ich ihn lesen konnte", erinnert sich Bibliothekarin Brundhild Brösicke. "Ich habe sofort eine Rundmail losgeschickt und meine Vereinskollegen informiert. Die Freude war natürlich groß." Geehrt wurde der 1990 gegründete und derzeit 40 Mitglieder zählende Verein vor allem für den Wiederaufbau der im Januar 2007 durch den Orkan "Kyrill" zerstörten Bockwindmühle. Das Technische Denkmal, zwischen 1738 und 1742 errichtet, hat Mühlengeschichte geschrieben und Weltgeschichte erlebt. Als hier am 14. Oktober 1806 das Gefecht zwischen den Napoleonischen Truppen und dem Herzog von Braunschweig und dessen Verbündeten tobte, war die Mühle ein wichtiger Orientierungspunkt. 1860 bei einem Brand fast gänzlich zerstört, wurde sie rund 50 Meter entfernt wieder aufgebaut und wechselte mehrfach die Besitzer. Der letzte Müller Hugo Rose ist manchem Krippendorfer noch in guter Erinnerung. Dann ging die Bockwindmühle "in den Ruhestand" und wurde erst durch die unermüdliche Arbeit von Werner Westermann funktionstüchtig instand gesetzt. Zur 800-Jahrfeier von Krippendorf war das Mühlenbauwerk wieder komplett und lockte Besucher auf das historische Schlachtfeld. Was der Armee unter Napoleon nicht gelang und auch der Brand 1860 nicht gänzlich vermochte, schaffte Orkan "Kyrill" in einer Nacht. Vom geschichtsträchtigen Bauwerk blieb nur ein Trümmerhaufen übrig, nicht nur die Krippendorfer waren entsetzt. Die Stadt Jena, zu der Krippendorf seit 1994 gehört, übernahm Verantwortung, kaufte Grundstück und Trümmerteile und stellte für den Wiederaufbau etwa die Hälfte der Bausumme von insgesamt 251 000 Euro zur Verfügung. "Das ist nahezu einmalig in Deutschland, denn normalerweise engagieren sich ausschließlich Vereine für die Mühlenerhaltung", würdigt Peter Lammert vom Vereinsvorstand das Engagement der Stadt.